Wenn es um die Vergabe von Preisen geht, hat die Buchbranche mehr als genug zu bieten. Zugegeben, keine von ihnen wird so zelebriert wie die Vergabe der Oscars. Und kein Klatschmagazin lässt sich am nächsten Tag über die höchst zweifelhaften modischen Entscheidungen der Preisträger aus. So viel Dramatik würden wir in der Buchbranche auch gar nicht vertragen. Drama kennt die Mehrheit von uns nur als Literaturgattung. Verfasst von Autoren, die schon längst das Zeitliche gesegnet haben. Das klingt nun dezent deprimierend und so, als würden Verlagsmenschen nur vereinzelt so etwas wie Sehnsucht kennen – ist aber genetisch bedingt. Um in einem Verlag zu arbeiten, ist lediglich eine emotionale Spannweite von Stress bis Kaffee vonnöten. Jedwede andere Emotion ist zwar schön zu empfinden, aber nicht zwingend für die Arbeit notwendig. Dabei gibt es seit 2008 einen Preis, der dieses dröge Dasein deutscher Buchfanatiker zu überbrücken versucht. Auf der Leipziger Buchmesse gibt sich jährlich eine Jury aus Autoren die Ehre, den „Ungewöhnlichsten Buchtitel des Jahres“ auszuzeichnen. Die Gewinner der vergangenen Jahre dürfen sich in eine lange Tradition einreihen, die 2008 zur Frankfurter Buchmesse mit dem Preis des „Kuriosesten Buchtitel“ ihren Anfang genommen hatte.
Aufgrund eventueller Ideenlosigkeit wurde dieser Preis aus Großbritannien übernommen. Die dort ansässigen Inselbewohner haben einen richtigen Hype um den „Diagram prize for oddest book title of the year“ entwickelt. Hat auch nur 41 Jahre gedauert, seit 1979 wird der Preis vergeben. Trotzdem machen sie sich jedes Jahr aufs Neue daran einen Gewinner zu küren. Die Gewinnertitel der vorigen Jahre waren „The Joy of Waterboiling“ (2018), ein Titel, den ich aufrichtig zustimmen kann. Wann sonst entwickelt sich eine derartige Stimmung, wie beim Warten auf den Wasserkocher? Diese Spannung, die in der Luft liegt, und das ständig anschwellende Brodeln des Wassers geben schon eine Steilvorlage. Einfach mal dieser Aufregung im Alltag hingeben, wenn das Wasser wieder etwas länger zum Kochen braucht. Für den kurzen Adrenalinkick in einem ereignislosen Dasein. Der neuste Gewinner „The Dirt Hole and its Variations“ (2019) erinnert mich lediglich daran, meine Zimmerpflanzen umtopfen zu müssen.
Weil ich bei der Vergabe des Preises auf der Leipziger Buchmesse keinen Einfluss auf das Ergebnis habe, habe ich in meiner grenzenlosen Bescheidenheit einfach selbst neue Gewinner gekürt. Ungeachtet der Tatsache, dass die Erscheinungsjahre nicht mit den Jahreszahlen übereinstimmen, habe ich mich auf die Suche nach den kuriosesten Buchtiteln gemacht. Und nebenbei bewiesen, dass auch deutsche Verlagsmenschen Humor haben.
Meine 10 kuriosesten Buchtitel:
DIE AUTORIN Frances Obst studiert Buchhandel/Verlagswirtschaft an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) Leipzig und absolviert derzeit ein Praktikum bei der Edition Wannenbuch. Jede Woche schreibt sie im Wannenbuch-Blog über den Verlagsalltag und ihre Aufgaben. Alle ihre Beiträge können hier nachgelesen werden.